I. Weltkrieg:
Beim Ausbruch des ersten Weltkrieges (am 28. Juli 1914) war Südtirol noch Teil der Österreich-ungarischen Monarchie. Italien gehörte zum Dreibund und war somit Verbündeter des Deutschen Reiches und von Österreich-Ungarn. Am 26. April 1915 schlossen die Alliierten und Italien den Geheimvertrag von London ab. Am 23. Mai 1915 trat Italien trotz des Bündnisses mit dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn (Dreibund) auf Seiten der Entente gegen Österreich-Ungarn in den Ersten Weltkrieg ein. Italien führte 1915–1918 einen aufwändigen und blutigen Gebirgskrieg. Es ging auf Seiten der Italiener um keine Lebensinteressen, sondern einzig um Raumgewinn, obwohl Österreich-Ungarn, in dem Bemühen, den Krieg zu verhindern, von sich aus Gebietsabtretungen angeboten hatte. Aber Rom wollte keine Kompromisse, es wollte nur den Krieg.
Auf Grund des von Österreich-Ungarn am 3. November 1918 mit Italien geschlossenen Waffenstillstandsabkommens und dem Vertrag von Saint-Germain zwischen den Siegermächten des Ersten Weltkrieges (1914-1918) und der neu geschaffenen Republik Österreich fiel Südtirol an das Königreich Italien und wurde zu dessen nördlichster Provinz. Das Land Südtirol wurde am 10. Oktober 1920 vom Königreich Italien annektiert.
Faschismus und der II. Weltkrieg:
1921 kamen Schlägertrupps der italienischen Schwarzhemden auch nach Südtirol, wo sie vornehmlich Überbleibsel und Symbole der ihr „verhassten Doppelmonarchie” (etwa Doppeladler) zerstörten.
Am 2. Oktober 1922 zogen 700 italienische Faschisten nach Bozen und besetzten das Rathaus unter den Augen der Polizeikräfte, die dagegen nicht einschritten.
Mit der Machtergreifung des Duce Benito Mussolini begann für die Südtiroler die Italienisierungsphase. Die folgenden Jahre trugen vor allem die Handschrift von Ettore Tolomei, einem Nationalisten aus dem Trentino, der sich die Italienisierung Südtirols zur Lebensaufgabe gemacht hatte.
Ab 1923 wurden sämtliche Orts- und Flurnamen italienisiert und die Verwendung des Namens „Tirol“ verboten. Zwischen 1923 und 1925 wurde Italienisch zur einzig zugelassenen Amts- und Gerichtssprache; sämtliche deutschsprachigen Zeitungen wurden verboten, mit Ausnahme der faschistischen Alpenzeitung, die erstmals 1926 und bis 1943 erschien. Im Zuge der faschistischen Schulreform von 1923 wurde in den folgenden Schuljahren an allen Schulen die deutsche Sprache verboten. Zudem stand Südtirol ab 1924 unter Militärprotektorat; Gebäude durften nur nach Zustimmung des Militärs errichtet werden. Da Proteste der deutschen Südtiroler keine Wiederzulassung der deutschen Sprache brachten, suchte man neue Formen, die Muttersprache an die Kinder weiterzugeben. Im Schuljahr 1925/26 nahmen deutsche Geheimschulen (Katakombenschulen) ihre Tätigkeit auf.
Der Anschluss Österreichs an das von Adolf Hitler geführte Deutsche Reich 1938 wurde von vielen Südtirolern mit Begeisterung aufgenommen – in der Hoffnung, das Land werde bald selbst „heim ins Reich“ geholt. Hitler erklärte jedoch im selben Jahr die Brenner-Grenze als unantastbar.
1939 erfolgte das so genannte „Hitler-Mussolini-Abkommen“, das die deutschsprachigen Südtiroler vor die Wahl stellte, entweder für Deutschland zu optieren und dorthin auszuwandern oder – einer unsicheren Zukunft im faschistischen Staat entgegensehend – in Südtirol zu verbleiben und die italienische Staatsbürgerschaft zu behalten.
Nach dem Sturz Mussolinis im Jahr 1943 und damit der Auflösung des Verbündetenstatus Italiens mit dem Deutschen Reich, dem folgenden Einmarsch der Wehrmacht und der Errichtung der Operationszone Alpenvorland, wurden die Auswanderung der Optanten und die Zuwanderung von Italienern beendet. Ein Großteil der Bevölkerung in Südtirol begrüßte den Einzug der deutschen Truppen als Befreiung.
Am 6. November 1943 wurde, obwohl Südtirol kein Teil des Deutschen Reichs war, die allgemeine Wehrpflicht eingeführt, deren Nichtbefolgung mit der Todesstrafe geahndet wurde. Sowohl Optanten als auch Dableiber (also italienische Staatsbürger) wurden in deutsche Verbände, darunter auch Einheiten der SS, eingegliedert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg durchquerten tausende Flüchtlinge Südtirol auf dem Weg nach Genua und Rom, darunter auch prominente Personen des NS-Regimes und Kriegsverbrecher. Über Südtirol entkamen unter anderen auch Adolf Eichmann und Josef Mengele nach Südamerika. Südtirol war in den Nachkriegsjahren ein geeignetes Versteck für Kriegsverbrecher und Nationalsozialisten, da es zum einen nach dem Abzug der Alliierten im Dezember 1945 als erstes deutschsprachiges Territorium nicht mehr unter alliierter Kontrolle stand und zum anderen in einer zu großen Teilen durch die Option staatenlos gewordenen Bevölkerung das Untertauchen leichter fiel. Der staatsrechtliche Schwebezustand führte auch dazu, dass – in vielen Fällen entscheidend unterstützt von der Katholischen Kirche – die einfache Beschaffung gefälschter Ausweise möglich war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hegten viele Südtiroler erneut Hoffnungen, eine Wiedervereinigung mit Nordtirol im Zuge einer absehbaren staatlichen Neugründung Österreichs zu erreichen. Auf Initiative der neu gegründeten Südtiroler Volkspartei wurden hierfür 155.000 Unterschriften gesammelt und dem österreichischen Bundeskanzler Leopold Figl am 22. April 1946 übergeben. Da Österreich zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht die volle staatliche Souveränität von den alliierten Siegermächten zurückerhalten hatte, war die Verhandlungsposition der österreichischen Delegation gegenüber Italien bei den Friedensverhandlungen 1946 in Paris geschwächt. Am Rande der Friedensverhandlungen wurde hinsichtlich der Südtirolfrage zwischen Italien und Österreich schließlich das so genannte Gruber-De-Gasperi-Abkommen unterzeichnet. Italien, das als Folge des Krieges bereits die Halbinsel Istrien und die Städte Fiume und Zara an Jugoslawien hatte abtreten müssen, wurde bei diesen Verhandlungen das Gebiet Südtirols erneut zugesprochen. Der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerungsmehrheit in der Region wurden von Seiten Italiens allerdings autonome Grundrechte zugesichert; Österreich wurde als Schutzmacht der Südtiroler Bevölkerung in Italien anerkannt.
Nachkriegszeit und Südtirolautonomie:
Am Rande der Pariser Friedenskonferenz 1946 wurde zwischen der Bundesregierung Figl I Österreichs und der Republik Italien (beide Staaten zählten zu den Kriegsverlierern) die Grundlage für ein Autonomiestatut für Südtirol und die deutschsprachigen Gemeinden des angrenzenden Trentino ausgehandelt (Gruber-De-Gasperi-Abkommen). Die italienische Regierung fasste die beiden Provinzen 1948 jedoch zu einer Region zusammen, wodurch die politischen Vertreter der deutschsprachigen Südtiroler gegenüber den italienischen Parteien in eine Minderheitenposition gebracht wurden. Auch andere Bestimmungen des Vertrages blieben im Verlauf der 1950er-Jahre zum Großteil unerfüllt. Die italienische Wirtschaftspolitik förderte gleichzeitig die Arbeitsmigration aus den italienischen Nachbarregionen nach Südtirol, gegen die sich unter der alteingesessenen Bevölkerung Widerstände aufbauten.
Bombenattentate:
Das Klima politischer und ökonomischer Marginalisierung bestärkte einige separatistisch gesinnte Südtiroler (Befreiungsausschuss Südtirol, BAS) ab Mitte der 1950er-Jahre in ihrem Vorhaben, durch Bombenattentate eine Loslösung Südtirols von Italien zu erzwingen. Nach Inhaftierung der Führungsriege des BAS infolge der Feuernacht im Jahr 1961 wurden bis in die späten 1980er-Jahre zunehmend gewalttätigere Anschläge von Folgegruppierungen verübt, die mit neonazistischen Kreisen aus dem deutschsprachigen Ausland in Verbindung standen. Gleichzeitig hatten die italienischen Behörden über Folterungen von BAS-Häftlingen und gewalttätige Provokationen aus Geheimdienstkreisen (SIFAR, Gladio) gezielt eine Strategie der Spannung verfolgt, um die Verhandlungsposition der deutschsprachigen Südtiroler auf diplomatischer Ebene zu schwächen.
diplomatische Lösung:
Bereits vor den Ereignissen der Feuernacht wurde die Südtirolfrage im Jahr 1960 mit der Bekanntgabe des Streitfalls zwischen Österreich und Italien durch den damaligen österreichischen Außenminister Bruno Kreisky vor der UNO-Generalversammlung „internationalisiert“, d. h. zum Gegenstand der Aufmerksamkeit über Österreich und Italien hinaus gemacht. Die italienische Regierung wurde dadurch zu einer Lösung des politischen Konflikts mit der ethnischen Minderheit der Südtiroler motiviert. Nach Einsetzung der parlamentarischen Neunzehnerkommission im Jahr 1961 erzielten die Außenminister Giuseppe Saragat (Italien) und Bruno Kreisky (Österreich) 1964 eine erste grundsätzliche Einigung hinsichtlich der Verwirklichung des Maßnahmenpakets, das die Kommission vorgelegt hatte. Nach weiteren Nachverhandlungen wurden 1969 schließlich der so genannten „Operationskalender“ zur Verwirklichung des „Südtirol-Pakets“ von der Südtiroler Volkspartei und dem österreichischen Nationalrat gutgeheißen und 1971 vom italienischen Parlament verabschiedet. 1972 trat somit das Zweite Autonomiestatut als Verfassungsgesetz in Kraft. 1992 gab die italienische Regierung der österreichischen bekannt, Paket und Operationskalender seien nun komplett realisiert. Österreich richtete daraufhin nach Zustimmung der Südtiroler und Tiroler Politiker eine „Streitbeilegungserklärung“ an Italien und an die Vereinten Nationen.
Seitdem besitzt Südtirol eine weitgehende Autonomie (teils auch in Budgetangelegenheiten) und konnte sich zu einer wohlhabenden Region in Europa und einer der wohlhabendsten Italiens entwickeln. Der europäische Integrationsprozess mit dem Schengener Abkommen, die Einführung der Gemeinschaftswährung Euro und die Bildung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino ermöglicht es seit den neunziger Jahren, verstärkt an die lange historische Zusammengehörigkeit von (Nord-)Tirol, Südtirol und Trentino anzuknüpfen.
die heutige Situation:
Südtirol ist noch immer die nördlichste Provinz Italiens und bildet zusammen mit der Provinz Trient die autonome Region Trentino-Südtirol.
Quelle: Dieser Text ist in überarbeiteter Form aus Wikipedia übernommen
worden.
Lustbilder von 1945